Donnerstag, 9. November 2006

Unerfahrenheit, Ungeduld, Unsicherheit

oder
Warum der 1.FC Köln steht, wo er steht


Nach dem vierten Abstieg innerhalb von acht Jahren entschied sich der 1.FC Köln Ende der vergangenen Saison zu einem Richtungswechsel.
Wurde bis dahin um das Rumpfteam des Abstiegsjahres eine neue Mannschaft gebildet, die souverän auf- und sang-und klanglos wieder abstieg, sollte dieses Jahr der große Schnitt gemacht werden.

Ziel war es, eine Mannschaft zusammenzustellen, die aufsteigen kann und das Potenzial besitzt, sich - punktuell verstärkt - in der ersten Liga zu behaupten.

Mit dieser Aufgabe betraute der Verein um Präsident Wolfgang Overath die zweitligaunerfahrenen Meier und Latour.

Beide stellten einen Kader zusammen, in dem sich durchaus gute Fußballer befinden, der aber fast komplett ohne Zweitligaerfahrung auskommen muss. Allein die Ergänzungsspieler Scherz und Cullmann besitzen nennenswerte Zweitligaerfahrung, 18 der 24 Lizenzspieler wiesen vor der Saison jedoch null Zweitligaspiele auf.

Entsprechend hilfos reagiert die Mannschaft, sieht sie sich einem verbissen jeden Grashalm verteidigenden Gegner gegenüber, für den diese großangelegte Fußballverhinderungsschlacht gegen den 1.FC Köln das Spiel des Jahres darstellt. Schlechte und katatrophale Spiele in Jena, Paderborn, Unterhaching und Koblenz waren die Folge. Dort wo der Alltag der Liga auf den 1.FC Köln wartet.

Niemand hat die Mannschaft auf diese Spiele vorbereitet. Vor der Saison spielte man Testspiele gegen höherklassige Vereine, während der Saison fehlten die Verantwortlichen im Verein, die der Mannschaft die dringend benötigte Hilfestellung geben konnten. Präsident Overath gefällt sich in der Rolle des grantelnden Weltmeisters, für den jeder Fehlpass eine Beleidigung seiner Person und der ruhmreichen Vergangenheit des 1.FC Köln darstellt.

Hilfreich ist das nicht. So potenziert sich die Verunsicherung der Mannschaft, die aus Unerfahrenheit Fehler macht, dafür von der Presse, den Fans und dem eigenen Verein abgestraft wird, zu einer Leistung wie gegen Aue. Denn was gestern Abend geboten wurde, war keinesfalls Arbeitsverweigerung, es war pure Hilflosigkeit.

Freilich weiß niemand, ob diese Truppe mit diesem Trainer nicht doch noch die Kurve gekriegt hätte. Dass sie Fußball spielen kann, hat sie in den Spielen gegen Schalke, Burghausen und Braunschweig, aber auch (zumindest mit Abstrichen) in den Auftritten gegen Karlsruhe und Rostock bewiesen.
Insofern ist die heutige Entlassung von Hanspeter Latour mehr Aktionismus als planvolles Wirken einer verantwortungsbewussten Vereinsführung. Sie ist eine Reaktion aus Ungeduld und Druck von außen.

Dabei ist Trainer Latour tatsächlich nicht unschuldig an der Misere. Er begann die Saison erfolgreich mit einem klaren 4-2-2-2, teilweise flüssigem Kombinationsspiel und druckvollem, aggressivem Pressing und Spiel nach vorn.

Nach der Verpflichtung von Wunschstürmer Miljove Novakovic stellte er zunächst auf ein 4-3-3 um, was die Mannschaft zum Anlass nahm, das Kombinationsspiel weitgehend einzustellen. Als Patrick Helmes verletzt ausfiel, verlor der Trainer endgültig seine Linie. Von Kombinationspiel und Aggressivität war bis auf Ausnahmen nicht mehr viel zu sehen.
Zunächst stellte Latour auf ein 4-1-3-2 um, schob Broich auf die rechte Außenbahn und holte ihn erst gegen Schalke wieder ins Zentrum zurück. Broich bedankte sich mit einem sehr guten Spiel, aber die Harmlosigkeit der Schalker täuschte vielleicht über die Schwächen der neuen Aufteilung hinweg.
Denn nun standen sich in der Mitte Broich und Cabanas gegenseitig im Weg, während der linke Flügel offensiv unbesetzt blieb und der linke Verteidiger Fabrice Ehret seine Außenbahn allein beackern musste.
Folge: Ehret machte Fehler und durfte das Koblenzspiel über weite Strecken von der Bank aus verfolgen. Statt seiner blamierte sich Rechtsverteidiger Carsten Cullmann auf der ungewohnten linken Position. Noch während des Spiel korrigierte Latour seinen Fehlgriff und brachte Ehret, nur um im Heimspiel gegen Aue gleich zwei neue Fehlgriffe zu tätigen: Er ersetzte mit Alpay den einzigen verbliebenen Kämpfer nach Lagerbloms Ausfall durch Marvin Matip und verzichtete komplett auf ein defensives Mittelfeld. Dafür brachte er links endlich Dennis Epstein, der nach starkem Beginn komplett die Orientierung verlor.
Zur Halbzeit beendete Latour das Experiment mit zwei Außen, brachte mit Baykal einen defensiven Mittelfeldspieler und mit Chihi einen dritten Stürmer.

Eingespieltere Mannschaften als die neu zusammengestellte Geißbockelf tun sich mit einer derart großen Zahl an Umstellungen schwer.

Dennoch: dem Trainer allein die Schuld an der derzeitigen Misere anzulasten, wäre falsch. Vielmehr hat der gesamte Verein mindestens einmal in den vergangenen vier Monaten eine verhehrende Fehleinschätzung getroffen. Entweder im Sommer bei der Zusammenstellung des Kaders und der Ausrichtung der Vorbereitung oder jetzt im November bei der raschen Entlassung von Hanspeter Latour.

Was der Verein jetzt bräuchte, wäre ein durchdachtes sportliches Konzept. Eine klare sportliche Ausrichtung des ganzen Vereins von der Profimannschaft bis hinab zu den Jugendmannschaften. Ein gut organisiertes, zielgerichtetes Scouting, das unabhängig funktioniert und daraus resultierend ein Anforderungsprofil für einen neuen Cheftrainer.

Doch wie immer bei Trainerwechseln mitten in der Saison ist für so etwas gerade keine Zeit. Deshalb wird auch das nächste Konzept, dass der 1.FC Köln stolz als seines präsentiert, aus einem Wort bestehen: dem Namen des neuen Trainers.

Und aller Wahrscheinlichkeit wird auch dieses Konzept scheitern, wie das Konzept Latour und das Konzept Rapolder (und im Grunde auch die Konzepte Lienen, Funkel und Stevens).

Weil der Verein seine Identität nicht aus dem Fußball ableitet, sondern aus der Vergangenheit. Und aus den Fans. Denn mehr hat er nicht.

Pressekonferenz um 12:30 Uhr

Wer dachte, das gestrige Spiel gegen Aue wäre der Tiefpunkt gewesen, sollte sich auf einen weiteren Niedergang des 1.FC Köln einstellen.

Laut Kölner Presse hat der FC um 12:30 Uhr eine Pressekonferenz angesetzt, um Stephan Engels als neuen Trainer vorzustellen. Eben den Stephan Engels, der 1995/1996 wegen Erfolgslosigkeit beim (Na? Rate mal! Genau:) 1.FC Köln entlassen wurde und seitdem nicht mehr als Trainer im Profifußball aktiv war.

Na dann: Gute Nacht und viel Glück!

Dienstag, 7. November 2006

Besser kann ich es auch nicht sagen

Der FC ist ein Walross. Strandet in der Provinz, zieht die Einheimischen an und bewegt sich zur allgemeinen Erheiterung noch ein bisschen.

So kurz und treffen äußert sich das FC-Buch über den Kölner Auftritt in Koblenz. Besser hätte ich das auch nicht sagen können.

Weil in Köln generell große Aufregung herrscht, im Herbst aber noch ein bißchen mehr, wird aus der Langweilerpartie morgen um 17:30 Uhr gegen Erzgebirge Aue ein richtungsweisendes, epochales, geisterbeschwörendes oder -bannendes Schicksalsspiel.

Es wird sich zeigen, ob sich die Unsicherheit der Auswärtsauftritte auf die Heimspiele überträgt oder ob es Hanspeter Latour in den vergangenen drei Tagen gelungen ist, ein System zu finden.

Ich plädiere ja mal für ein 4-3-3. Schließlich haben wir den Kader dazu: mit Gambino oder Scherz über rechts, Chihi oder Epstein über links (wenn Chihi sich denn mal in ein taktisches Konzept zu bemühen beliebt) und Cabanas neben Lagerblom und hinter Broich im defensiven Mittelfeld (wo er Broich dann nicht mehr so penetrant auf den Füßen steht). Hinten bitte wieder mit Alpay, aber um Himmels Willen nicht mit Cullmann. Schon gar nicht links. Ab dann könnte man sich Gedanken über die Aufgabenverteilung auf dem Platz und die Spielweise machen. So nach 10 gespielten Ligapartien wäre das mal an der Zeit. Um die Saisonvorbereitung endlich abzuschließen

Dass damit alles besser wird, kann man natürlich einfach sagen. Besser machen muss es aber sowieso die Mannschaft.

Montag, 6. November 2006

Kölle im Herbst

Vor zwei Jahren ließ Trainer Hub Stevens seine Mannschaft nach einem blamablen 2:4 in Burghausen am nächsten Morgen auf Asche trainieren und nur die Angst der Kölner Journalisten vor dem knorrigen Holländer verhinderte eine Trainerdiskussion in der Kölner Presse. Stevens blieb, die Mannschaft stieg auf.

Im vergangenen Jahr ließ sich eine Kölner Mannschaft in Frankfurt abschlachten und bot damit den Tiefpunkt einer katastrophalen Serie ohne Sieg. Trainer Rapolder geriet nach gutem Start in die Diskussion. Ende des Jahres wurde Rapolder entlassen, die Mannschaft stieg ab.

So geht das in Köln im Prinzip in jedem Herbst und im Frühjahr hängt das Ergebnis nicht selten an den Entscheidungen des Herbstes: Bleibt der Trainer, werden die Saisonziele erreicht (Lienen 2000/2001, Funkel 2002/2003, Stevens 2004/2005). Geht der Trainer, dann eben nicht (Lienen 2001/2002, Funkel 2003/2004, Rapolder 2005/2006).

Unabhängig vom Trainer wurde in Köln schon so ziemlich alles ausgetauscht, was sich unter professionellen Gesichtspunkten austauschen lässt: Trainer, Manager, Präsidenten, Mannschaft, sogar das Stadion ist neu.

Geändert hat sich nichts. Vielleicht deshalb, weil man in Köln im Herbst schon verloren glaubt, was man erst im Frühjahr gewinnen kann?

Freitag, 3. November 2006

Rheinromantik

Der stil- und geschmackvolle FC-Anhänger verbindet den Ausflug zum Auswärtsspiel nach Koblenz mit einer gepflegten Schifffahrt rheinaufwärts - sofern er überhaupt an Tickets für das Spiel gekommen ist.

Der Rhein zwischen Köln und Mainz mit Koblenz mittendrin ist schließlich eine berühmt-berüchtigte romantisch verklärte Landschaft und selbst bei schlechtem Ausgang des Spiels die Reise wert.

Nicht wenige allerdings dürften die profane Autofahrt und drei Auswärtspunkte der Rheinromantik vorziehen. Den Daheimgebliebenen ist der herbstliche Rhein ohnehin schnuppe.

Dienstag, 31. Oktober 2006

Wer nicht hüpft, der ist kein Kölner

In den schönen, neuen Fußballstadien mit ihrer Betonträgerkonstruktion hat in den letzten Jahren ein neues Spiel Einzug gehalten, das früher nur in den Straßenbahnwagen auf dem Weg zum Stadion gespielt wurde, und im Großen und Ganzen aus fröhlichem, gleichzeitigem Auf- und Abhüfpen besteht, bis die Trägerkonstruktion des Stadions mitwippt.

Ein schönes Spiel, aber den ein oder anderen auf dem Oberrang, zehn bis zwanzig Meter über dem Erdboden, beschleicht dabei manchmal ein mulmiges Gefühl:

Halten die Dinger sowas aus? In Kaiserslautern und Nürnberg bekanntermaßen nicht. Wie steht es mit den anderen Stadien? Vielleicht liest hier der ein oder andere Ingenieur oder Stadionarchitekt mit, und kann dem Oberrang (also mir als Weichei) den Gedanken nehmen, eines Tages unter den Trümmer der Südtribüne begraben zu liegen.

Nicht, dass das für den Hardcore-Fan keine schöne Vorstellung sein könnte. Aber ich will ja noch den Champions-League-Pokal in Köln sehen.

Die Welt - aus Sicht der Südtribüne

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