Donnerstag, 6. Juli 2006

So schön, so nutzlos

Wenn ich portugiesischer Nationalspieler wäre - sagen wir mal Maniche oder Luis Figo oder so -, dann wäre mir dieser Cristiano Ronaldo gestern gehörig auf den Keks gegangen.

Diese selbstgefälligen Dribblings hinein in drei oder vier französische Abwehrspieler, idealerweise irgendwo abseits des Strafraums, wo ich selber im Erfolgsfall nichts mehr mit dem Ball anfangen kann!

Dabei den Kopf immer schön hoch gehalten, damit die Kameras sein Gesicht einfangen können. (Auch wichtig: Immer in die Richtung gucken, wo Kameras stehen könnten. Mitspieler sieht man da zwar nicht, aber wozu braucht ein C. Ronaldo bitteschön Mitspieler?)

Dieses Dahinsinken, wenn Gallas oder Thuram sich auf weniger als dreißig Zentimeter nähern!

Diese hübschyhübschy Hackentricks! Todschick! Aber C. Ronaldo spielt sie mit Sicherheit einem Gegenspieler vor den Fuß! Und mit ebenso großer Sicherheit so, dass kein Mitspieler den Ball erreichen kann.

Als Fußballwackelpuppe (anstelle des Wackelelvis also einen Wackelronaldo) wäre dieser Junge ein Verkaufsschlager. Als Fußballspieler ist er das, was Bernd Schuster einmal über Kölns ehemaligen Stürmer Holger Gaißmayer gesagt hat:

"Die Höchststrafe für jeden Mitspieler."

Wenn ich also z.B. Maniche wäre, hätte ich das tiefe, ehrliche Bedürfnis in meiner Fußspitze verspürt, diesen Kerl abzugrätschen. Mannschaftskollege hin oder her.

Mittwoch, 5. Juli 2006

Die Geburt einer Mannschaft

Vor knapp 8 Monaten nach dem 0:0 der deutschen Mannschaft in Frankreich, habe ich zwei Aussagen getroffen, die zeigen, was Trainerstab und Mannschaft in den letzten Wochen erreicht haben:

"Deutschland hat in Frankreich gezeigt, dass sie eine gute Mannschaft ist, wenn sie ihr Potenzial abruft. Eine Klasse-Mannschaft ist sie nicht."

Und weiter:

"Viel spricht dafür, dass diese junge Mannschaft, die fast zur Hälfte aus U21-Spielern besteht, fußballerisch erst 2008/2010 in der Lage sein wird, um Titel zu spielen."

Ich habe mich geirrt. Deutschland hat in diesem Turnier um den Titel mitgespielt.

Gegen Italien machten Kleinigkeiten den Unterschied. Manchmal ein unsauberer Pass, manchmal ein zu langes Ballhalten, manchmal eine zu späte Bewegung. Aber Manchmal macht den Unterschied gegen eine Mannschaft, die ebendieses Manchmal aus ihrem Spiel eliminiert hat.

Der deutschen Mannschaft fehlte es gestern Abend nicht an Klasse, um Italien zu schlagen. Es fehlte an Erfahrung. Mit Mertesacker, Lahm, Podolski, später Schweinsteiger und Odonkor standen fünf (!) Feldspieler der U21 auf dem Platz. Was sich Italien gestern geschlagen geben musste, war die jüngste Mannschaft seit 1966 und selbst in der Niederlage hat es Spaß gemacht, dieser Mannschaft zuzugucken.

Denn es gab, ähnlich wie im Champions-League-Finale zwischen Barcelona und Arsenal vor wenigen Wochen wenig Torraumszenen, aber viel zu bestaunen. Überraschende Spielzüge, trickreiche Dribblings (von - Hallo! - Arne Friedrich!), intelligentes Stellungsspiel. Kurz: Alles, was eine Mannschaft von internationaler Klasse heute auszeichnet.

Ich lege mich fest: Was wir gesehen haben bei diesem Turnier war die Geburt einer neuen großen Mannschaft. Aber Geburten sind - bei aller Freude - auch immer schmerzhaft.

Dienstag, 4. Juli 2006

Allmächtiger Fußballgott!

(Nein, Herr Blatter, Sie meinen wir nicht)

Wir wissen nicht, ob es Dich wirklich gibt. (Ja, Herr Blatter, Sie gibt es. Das wissen wir.) Wenn aber doch, darin sind sich alle einig, dann bist Du weise und gerecht. (Nein, Herr Blatter, beim besten Willen nicht...)

Heute nun hast Du die große Gelegenheit, alle Welt von Deiner Existenz zu überzeugen.

Ein kleiner Junge aus dem rheinischen Alsdorf hat sich nämlich aufgemacht, einem Land die Spielkultur und den Weltmeistertitel zurückzugeben. Durch eine verwerfliche italienische Intrige und mit Hilfe der FIFA (Sie, Herr Blatter, sind gemeint!) wird er nun daran gehindert, diesen Traum zu verwirklichen. Er darf heute abend nicht mit seinen Freunden spielen.

Die wiederum müssen gegen eine Mannschaft antreten, in deren Heimat Fußballmeisterschaften nicht auf dem Platz, sondern am Telefon entschieden werden, bei denen ein echter Schlächter in der Defensive steht, deren Fans schon mal rassistische Parolen gröhlen und die dem Schönen im Fußball abgeschworen haben.

Kurz: Eine Mannschaft, die das WM-Finale nicht verdient hat.

Deshalb, allmächtiger Fußballgott, sorge heute Abend für Gerechtigkeit und lass uns ins Finale einziehen. Wir werden danach auch bestimmt nie wieder an Dir zweifeln. Mindestens bis zum Finale. Versprochen.

Deine Jungs von der Südtribüne

Montag, 3. Juli 2006

Große Diskussionen

Große Diskussionen gerade auf dem Bolzplatz gegenüber:

Paula soll ins Tor, aber will nicht.

Und:

Zählen Treffer, solange Paula nicht ins Tor will?

Omerta

Omerta, liebe Italiener, ist das Gesetz des Schweigens. Habt Ihr vielleicht schon einmal von gehört. Könnte ich mir zumindest denken.

Die Regel jedenfalls ist sehr einfach: Wer petzt, fliegt (aus dem Turnier) raus.

Brutaler Abnutzungskampf

Jürgen Klinsmann hat vor der WM angekündigt, die Spiele würden "brutale Abnutzungskämpfe". Er sollte recht behalten.

Betrachtet man den Fußball dieses Turniers schälen sich bisher zwei Tendenzen heraus.

1. Es wird verbissen um jeden Ball im Mittelfeld gerungen.

Exemplarisch die Spiele Deutschland-Polen und Deutschland-Argentinien. Aber auch Frankreich hat im Verlauf des Turniers diese Spielweise verinnerlicht.
Brasiliens Trainer Carlos Alberto Parreira hingegen zeigte sich zu Beginn der WM überrascht über die Intensität der Zweikämpfe. Seine Stars fanden dementsprechend kein Mittel gegen das dicht gestaffelte, aggressiv zu Werke gehende französische Mittelfeld.

Überraschend kommt diese aggressive Spielweise jedoch nicht. Wer in diesem Jahr Premier League oder Champions League gesehen hat, wusste, was ihn bei diesem Turnier erwartet.

Die Räume sind nicht mehr eng, sie sind zu. Das aggressive Spiel ist nicht nur auf das Stören des Gegners angelegt, sondern darauf den Ball umgehend zurückzuerobern. Es entsteht ein verbissenes Kleinklein im Mittelfeld. Nicht immer schön, aber fast immer intensiv.

Um sich in dieser Mittelfeldschlacht zu behaupten, opfern zahlreiche Teams einen Stürmer. Drei der vier Teams im Halbfinale spielen nur mit einer echten Spitze. Deshalb:

2. Es wird nur noch mit einem Stürmer gespielt.

Nicht nur Frankreich, Italien und Portugal laufen so auf. Auch England hat mit seinem Chelsea- bzw. Arsenalerprobten 4-1-4-1 auf nur eine Spitze gesetzt. Frankreich und Portugal setzen dabei auf ein 4-2-3-1. Italien, in der Gewissheit einen Stürmer nur drei- oder viermal im Spiel zu brauchen, gleich auf ein 4-2-2-1-1. Ziel: Überzahl im Mittelfeld.

Problem: Fehlende Anspielstationen in der Spitze. Nur wenn sich die drei offensiven im Mittelfeld, insbesondere die Außen bei Ballbesitz nach vorne bewegen, entsteht Torgefahr.
Aktuell ist das z.B. das Manko des französischen Spiels: Henry ist trotz seiner drei Tore außer Form. Der hochgelobte Ribery und Malouda bewegen sich meist nur in die Spitze, wenn sie selber den Ball am Fuß haben.
Kein Wunder, dass Frankreich gegen die schwache Defensive der Brasilianer einen Freistoß brauchte, um das Spiel zu entscheiden.

Nur Deutschland wird im Halbfinale mit zwei Stürmern ins Spiel gehen. Die Strategie der Klinsmanntruppe ist eine andere: Klose und Podolskis lassen sich gerne zurückfallen und unterstüzen das Mittelfeld. In meinen Augen die bessere und flexiblere Variante.

Insofern dürfte es interessant werden zu beobachten, ob sich die Tendenz zum Ein-Mann-Sturm nach der WM tatsächlich fortsetzt. Ich persönlich bin skeptisch und rechne eher damit, dass sich das Bild des Stürmers verändern wird. Weg vom bulligen Brecher in der Zentrale, weg auch von den wieselflinken und trickreichen Außenstürmern (im 4-3-3), hin zu flexiblen, zweikampf-, lauf-, spiel- und schussstarken Angreifern. Weniger Ronaldo, mehr Klose.

Samstag, 1. Juli 2006

Mit Frankreich

Mit Frankreich (Frankreich -> Fußballnation, absteigend) ist das bei mir so eine Sache. Schönes Land. Aber die Einwohner gehen mir manchmal auf den Keks.

Das wiederum unterscheidet Frankreich von London. Schöne Stadt, nette Leute. München hingegen - aber lassen wir das...

Mit der französischen Nationalmannschaft verhält es sich genau anders herum. Ich mag das Team nicht bzw. es ist mir ziemlich schnuppe.

Auf der anderen Seite finde ich in kaum einem anderem WM-Team so viele Spieler, die ich mag, wie bei den Franzosen.

Da wäre zuallerst der großartige Fabien Barthez zu nennen. Im Rheinland würde man so einen aufgrund seines Auftretens als Schraat bezeichnen. Trotzdem ist er Weltmeister, Europameister und Ex-Mann von Linda Evangelista (Evangelista, Linda -> Supermodelsoccer). Ich weiß nicht, wofür ich ihn mehr beneide. (OK, ich weiß es.)

Im defensiven Mittelfeld hat Patrick Viera über Jahre hinweg Maßstäbe gesetzt und die Position der 6 (6 -> Renaissance), im modernen Fußball die Schlüsselposition, definiert.

Über den fast vollkommenen Fußballer Zinedine Zidane hat David Beckham (Beckham -> Musikgeschmack, schlechter) eigentlich alles gesagt. Auf die Frage, wer der größte Spieler sei: "Zidane! Wer sonst?"

Vorne im Sturm agiert mit Thiery Henry der eleganteste und vollständigste Stürmer Europas. Auch wenn er bei dieser WM kaum glänzen konnte, es ist fast schon rührend zu sehen, wie er bei Arsenal die junge Mannschaft führt.

Grund genug, das Team zu lieben. Aber dennoch: Ich werde mit den Franzosen nicht warm. Heute jedoch, gegen Brasilien (Brasilien -> Amüsierviertel, schäbig), gehören Ihnen alle meine Sympathien.

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