Donnerstag, 15. September 2005

Mal wieder zu früh die Grätsche angesetzt

Wenn mich jemand anruft und bei der Arbeit stört und wenn dieser jemand dann auch noch unschwer erkennbar eine Computerstimme besitzt, fahre ich die Beinschere aus und grätsche einmal quer über den Schreibtisch, egal ob ich dabei den Hörer spiele oder den Gegner treffe.
"Guten Tag! Mein Name ist..." und schon habe ich diesen blechernen Unterton erkannt und aus ist's.
Nur diesmal schleicht Reue hoch (Das kenne ich sonst nicht beim Grätschen). Es hätte ja der Ede sein können, der kurz vor der Wahl noch tausende Wähler per Telefon zumüllen will, als betreibe er ein zweifelhaftes Glücksspielunternehmen.
Ich gebe zu, diese Telefon-Comedy (Merken: Geschäftsidee! Blöde Witze für teuer Geld über 0900 verticken und Ibiza kaufen. Vielleicht auch noch Schweini für den FC dazu.) hätte ich gerne gehört.
Aber ruft der Ede in Kölle an? Ist mit Rüttgers die CSU einmarschiert? Lässt Ede sich von einer Frauenstimme ankündigen: "And now in the right corner: Edeeeeeee Stoiiiiiiiiiiiiibaaaaaaaa!"? Zumindest da bin ich sicher: Es war eine Frauenstimme (Ja, schon gut, ich gebe es zu: Ich grätsche auch Frauen.). Wie hieß gleich noch mal Edes Gattin? Ach ja: Muschi. Puh. So hat sie sich nicht genannt. Ich glaube, sie hieß Monika. Gibt es eine Monika bei der CSU? Oh Gott, ja!


(Update: Davon abgesehen, in Köln wählt man sowieso den!)

(Update vom Update: Wählen gehen! Bis Samstag! Hier!)

Ich habe DAS SPIEL gesehen!

OK, nicht live. Damals war ich noch sehr jung und Fernsehen haben wir erst zur WM 1974 bekommen. Das einzige Bild, das ich von diesem Spiel kannte, war der jubelnd in die Luft springende Netzer. Damit dürften die meisten wissen, von welchen Spiel ich rede. DFB-Pokalfinale 1973. Borussia Mönchengladbach - 1.FC Köln. Endstand 2:1 n.V.
Eines dieser Spiele, um die sich Mythen ranken, ähnlich wie um das WM-Halbfinale zwischen Deutschland und Italien 1970 oder (in Köln) das Entscheidungsspiel im Europapokal der Landesmeister 1965 in Rotterdam zwischen Köln und Liverpool.
2002 hat sich der WDR verdient gemacht und einige dieser legendären Spiele in der Nachtschleife wiederholt. Auch das Pokalfinale von 1973.
Ein Spiel, von dem die Altvorderen (die behaupten, dabei gewesen zu sein, deren Anzahl aber das Fassungsvermögen jedes Fußballstadions sprengen würde) erzählen, es sei eines der besten Fußballspiele überhaupt gewesen. Ein andauerndes Hin und Her und Rauf und Runter, kein Abtasten, kein Querspielen, die totale Offensive.
Meistens glaube ich den Altvorderen kein Wort. Aber diesmal hatten sie recht. Das Spiel ist (war) unglaublich gut. Schnell, offen, spannend. Ja, es ging tatsächlich permanent hin und her. Jeder auf dem Platz schien zu glauben, dass dieses Spiel sein letztes sei und er deshalb noch einmal zeigen müsse, wie gut er war. Ein Spiel, das von keinerlei taktischen Zwängen beherrscht wurde und deshalb in jedem denkbaren Wortsinn entfesselt war. Dabei so packend, dass ich mich allein auf dem Sofa sitzend furchtbar über Netzers Siegtor aufgeregt habe, als wäre ich gerade live im Stadion und sähe keine 30 Jahre alte Konserve mit verwaschener Bildschärfe.

One Moment In Time

Für viele Fans ist Fußball eine Angelegenheit von Tabellen und Statistiken. Sie können Dir auf den zweiten Vornamen genau ihre Lieblingsmannschaft von 1963 aufzählen, inklusive des Tabellenplatzes, aller Ergebnisse und der dazugehörigen Torschützen. In welcher Minute die Tore gefallen sind, wissen sie meistens auch.
Ich merke mir so etwas nie. In meiner Rückschau ist Fußball, Sport überhaupt, eine Anhäufung besonderer Momente. Momente, die ich nicht nur gesehen, sondern erlebt habe. Manche live, manche vor einem Fernseher. Aber immer war da was, was haften geblieben ist. Meistens ein Gefühl. Ich bin Sportgucker aus Sentimentalität.

Die Rubrik ist nach einem Song von Whitney Houston betitelt. Auf den ersten Blick ist das peinlich, auf den zweiten eine gute Wahl. Auch Whitney Houston hatte ihren großen Moment (mit "Saving All My Love For You" - aus persönlichen Gründen) und nie wieder etwas vergleichbares erreicht. Hammond/Bettis, die "One Moment In Time" geschrieben haben, übrigens auch nicht.

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