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Suedtribuene - 10. Okt, 15:58
Zumindest in einem waren sich am Wochenende alle einig. Das Spiel der deutschen Mannschaft in Istanbul war schlecht. Aber schon die Frage 'Was war schlecht?' interessierte kaum jemanden.
Mich schon. Deshalb eine kurze Spielanalyse: Durch die Bank standen die deutschen Spieler zuweit weg von ihren Gegenspielern und vermieden so die Zweikämpfe. Kurz: mangelnde Aggressivität.
Wegen der gleichfalls nicht vorhandenen Laufbereitschaft ergaben sich keine Anspielstationen im Spiel nach vorne. Im Defensivverhalten fehlte diese Laufbereitschaft ebenso, zudem mangelte es an taktischer Disziplin. Mangelnde Aggressivität, fehlende Laufbereitschaft und taktische Disziplinlosigkeit eröffneten den Türken die benötigten Räume bei eigenem Ballbesitz. Ergebnis: Keine Chancen hier, viele Chancen da. 2:1 verloren.
Es lohnt sich dieses Spiel im Zusammenhang der anderen Leistungen in der Ära Klinsmann zu betrachten. Denn es ist zu einfach zu behaupten, dass im Confed-Cup alles gut war, jetzt aber alles schlecht ist.
Richtig ist, dass Aggressivität und Laufbereitschaft im Spiel nach vorne während des Confed-Cups und in den meisten Spielen zuvor vorhanden waren. Zusammen mit einer vom Trainer geförderten großen Risikobereitschaft entwickelte sich eine attraktive, schnelle und offensive Spielweise.
In den letzten Begegnungen war davon nichts zu sehen, weshalb die Schwächen der Mannschaft deutlicher zu Vorschein kamen.
Denn die Probleme im Defensivverhalten sind nicht neu. Allerdings haben sie nichts (oder nur wenig) mit der jungen Viererkette zu tun. Auch wenn die deutsche Abwehr mit Innenverteidigern wie Bordon oder Ismael sicher sattelfester säße. Nur haben wir diese Spieler nicht. Wir haben Mertesacker und Sinkiewicz (die passabel, aber nicht hervorragend spielen - hoffentlich noch nicht), dann haben wir vielleicht noch Metzelder und Fahrenhorst. Spieler wie Huth und Wörns (vor allem Wörns!) haben bei ihren Auftritten im Nationaltrikot sehr deutlich gemacht, dass sie keine gleichwertige Alternative zu den Erstgenannten sind.
Viel entscheidender ist aber das miserable Defensivverhalten des Mittelfeldes. Es hat sich wohl noch nicht bis zu den deutschen Mittelfeldspielern herumgesprochen, dass im modernen Fußball (modern ist relativ: seit etwa 1990) der Defensivblock bei gegnerischen Ballbesitz alle 10 Feldspieler umfasst. Genauso wie bei eigenem Ballbesitz alle Spieler auf verschiedene Weise in das Angriffsspiel eingebunden sind. Wie sonst ist es zu erklären, dass in allen Spielen zwischen Mittelfeld und Abwehr ein riesiges Loch klaffte, in dem der Gegner nach Belieben agieren konnte? Wie sonst ist es zu erklären, dass Räume nicht gedeckt werden, dass Spieler nicht einmal versuchen, bei einem gegnerischen Angriff hinter den Ball zu kommen und stattdessen verteilt über 60 Meter auf dem Platz herumhängen? Hinter einem so schlampig arbeitenden Mittelfeld (die Angreifer, die den Gegner im Idealfall schon bei der Annahme stören sollten, lasse ich mal außen vor) sieht jede Viererkette schlecht aus, egal wie alt sie ist.
So weit die Bestandsaufnahme. Zu fragen wäre nun, ob es am Wollen oder am Können der Spieler liegt. Wollen sie nicht, sollte man sich eingestehen, dass diese Spielergeneration eine verlorene Generation ist und sie schnellstmöglich durch Nachwuchsspieler ersetzen. Können sie nicht, müsste man fragen, ob es körperliche oder taktische Defizite sind. Oder beides.
Die "Experten" aus der Bundesliga bieten jedoch ganz andere Antworten. So würden die Fitness-Tests der Nationalmannschaft die Spieler überfordern. Mit dem gleichen Argument könnte man Mathe-Klassenarbeiten in der Schule abschaffen: Die stören den Unterrichtsrhythmus und klauen obendrein Lernzeit. Körperliche Fitness ist heute Grundvoraussetzung, um international mithalten zu können. Insofern ist es legitim (vielleicht sogar notwendig) sie zu überprüfen, um eventuelle Mängel feststellen und anschließend beheben zu können. Die bodenlose Dummheit des blauen Rudi, sich zu mokieren, dass Ausländer dieses Fitness-Training leiten, kommentiere ich nicht. Das ist mir schlicht zu blöd. Aber die Bundesliga-Experten wie Franz Beckenbauer und Thomas Schaaf bieten auch noch eine andere Antwort: Die Kommunikation zwischen Bundestrainer und Bundesliga funktioniert nicht. Au weia! Schlimm, schlimm! Vor wenigen Wochen erst hat Jürgen Kinsmann zum zweiten Mal alle Bundesligatrainer zu einem Gespräch nach Bremen eingeladen. Das reicht den Herren aber nicht. 1. Möchten jetzt auch die Manager eingeladen werden. 2. Möchten die Bundesligatrainer jetzt gerne Einzelgespräche mit dem Bundestrainer führen. Auf die Idee, den Mann dann einfach mal anzurufen, scheint keiner zu kommen. Liegt das vielleicht daran, dass die Trainer das Handy die ganze Zeit brauchen, um ihrem Spezi von der Presse ein Interview zu geben?
Was diese ganzen Antworten mit Fußball zu tun haben? Nichts und das hat vielleicht sogar einen guten Grund. Denn fängt man an über die Ursachen zu diskutieren, würde man vermutlich zu dem Ergebnis kommen, dass Bundesligaspieler körperlich und taktisch nicht gut genug geschult sind, um international wettbewerbsfähig zu sein. Denn es ist ja nicht das Training in der Nationalmannschaft, das über die Qualität eines Spieler entscheidet. Darüber entscheidet seine Ausbildung in der Jugend und die tägliche Arbeit im Verein.
Offenbar gibt es dort Qualitätsmängel, sowohl in der körperlichen Grundlagenarbeit als auch in der taktischen Schulung.
Wer sich nicht nur die Spielweise der Nationalmannschaft, sondern auch die Ergebnisse deutscher Vereinsmannschaften in den internationalen Wettbewerben anschaut, findet dafür weitere Belege. Hier gehe ich dann doch noch einmal auf Stumpen-Rudi ein: Vielleicht ist es ein Glück, dass nicht nur deutsche Experten im Trainerstab der Nationalmannschaft zu finden sind.
Um es auf den Punkt zu bringen: Das Training in der Bundesliga genügt nicht internationalen Ansprüchen und darüber sollte vielleicht mal diskutiert werden.
Suedtribuene - 10. Okt, 12:58